Visions du Réel freut sich, den rumänischen Regisseur Corneliu Porumboiu als Spezialgast der 56. Ausgabe des Festivals (4. – 13. April) ankündigen zu dürfen. Corneliu Porumboiu wird an der kommenden Festivalausgabe im Rahmen einer Masterclass und einer Retrospektive aller seiner Langfilme teilnehmen. Corneliu Porumboius von schwarzem Humor geprägtes Werk spielt mit den Absurditäten einer rumänischen Gesellschaft, die nach dem Sturz von Nicolae Ceausescu und der Revolution von 1989 abrupt vom kommunistischen Joch zum Turbokapitalismus übergegangen ist.  Seine Filmografie setzt sich aus bedeutenden Werken zusammen, die Porumboiu zu einem der namhaftesten und angesehensten europäischen Filmemacher des 21. Jahrhunderts gemacht haben. Das vollständige Programm der 56. Ausgabe von Visions du Réel wird am 12. März bekannt gegeben werden.

Der 1975 in Vaslui (Rumänien) geborene Corneliu Porumboiu kann in seiner fast 20-jährigen Karriere auf über dreizehn Filme (darunter 6 Kurzfilme) verweisen. Mit seinem ersten Spielfilm 12:08 East of Bucharest, der 2006 auf dem Festival von Cannes die renommierte Caméra d’or gewann, hat er sich auf internationaler Ebene einen Namen gemacht. Auch seine Spielfilme Police, Adjective (2009) und The Treasure (2015) wurden von der Kritik gefeiert, erhielten in Cannes weitere Auszeichnungen, festigten seinen Ruf als talentierter Erzähler und weisen ihn als  einen der wichtigsten Regisseure des neuen  rumänischen Kinos aus – an der Seite von Cristi Puiu, Lucian Pintilie, Radu Jude, Andrei Ujica oder auch Cristian Mungiu. 

Mit ihrem realistischen und politischen Ansatz vermessen Porumboius Filme die jüngere Sozialgeschichte Rumäniens, deren manchmal tragikomische Dimension sie schalkhaft unterstreichen. Mithilfe von geschliffenen Dialogen voller trockenem Humor, einer unaufdringlichen, aber strengen Ästhetik, die mit präzise komponierten Einstellungen und langen Plansequenzen arbeitet, zeichnet er akribische Porträts ratloser Menschen, die eine undurchschaubare Wirklichkeit zu begreifen und sich in dieser irgendwie zu entfalten versuchen. Auch sein letzter Film, The Whistlers (2019), vorgestellt im Wettbewerb Un Certain Regard der Filmfestspiele von Cannes- ein packender und bissiger Paranoia-Krimi, wurde von der Kritik gelobt und bestätigt den Hang des rumänischen Filmemachers zum Absurden – ein Aspekt, den er untrennbar mit seinem Land verbindet.

Corneliu Porumboiu interessiert sich auch für die Welt des Fussballs, ein Thema, das ihn höchst persönlich angeht, da sein Vater internationaler Schiedsrichter war. In The Second Game (2014) kommentieren Vater und Sohn auf einem winzigen Bildschirm ein 1988 vom Vater geleitetes Spiel, das mitten in einem Schneesturm unter den Augen des propagandistischen rumänischen Fernsehens stattfand. In seinem anderen Dokumentarfilm Infinite Football (2018) kehrt er an seinen Geburtsort Vaslui zurück. Begleitet wird er von einem Freund aus Kindertagen, einem hohen Verwaltungsbeamten, der von einer fixen Idee besessen ist: er will die Regeln des Fussballs ändern oder diesen durch einen ausgewogeneren Sport ersetzen.

Corneliu Porumboiu studiert von 1999 bis 2003 an der Nationaluniversität für Theater- und Filmkunst in Bukarest. 2005 schreibt und inszeniert er seinen ersten Spielfilm 12:08 East of Bucharest. Der Film  wird in der Sektion Quinzaine des Réalisateurs gezeigt und erhält eine Caméra d’or für den besten Debütfilm, sowie den Label Europa, einen von den Filmverleihern vergebenen Preis.

2009 schrieb und inszenierte Corneliu Porumboiu seinen zweiten Spielfilm Police, Adjective . Er gewann den FIPRESCI-Preis und den Preis der Jury in der Sektion Un Certain Regard bei den Filmfestspielen von Cannes 2009.

2013 feiert Corneliu Porumboius dritter Spielfilm When Evening Falls on Bucharest or Metabolism seine Premiere auf dem Locarno Film Festival. Im Anschluss dreht er den Dokumentarfilm Match retour, der 2014 auf dem Forum der Berlinale gezeigt wird.

Sein Spielfilm The Treasure gewinnt 2015 auf dem Festival von Cannes in der Reihe Un Certain Regard den Preis Un Certain Talent.  2018 meldet er sich mit dem dokumentarischen Sportfilm Infinite Football zurück, der ebenfalls am Forum der Berlinale teilnimmt.

2019 realisiert er seinen fünften Film The Whistlers, der im Wettbewerb des renommierten Festivals von Cannes läuft.

2000 – Graffiti (kurz)
2001 – Love … Story (kurz)
2002 – Gone with the Wine (kurz)
2002 – Telephone Number Temporarily Suspended (kurz)
2003 – A Trip to the City (kurz)
2004 – Liviu’s Dream (kurz)
2006 – 12:08 East of Bucharest
2009 – Police, Adjective
2013 – When Evening Falls on Bucharest or Metabolism
2014 – The Second Game
2015 – The Treasure
2018 – Infinite Football
2019 – The Whistlers