Kevin Jerome Everson
Vereinigte Staaten | 2010 | 81 min
Sprache : Englisch

Der Erie-See ist der viertgrösste der fünf grossen Seen Nordamerikas. Die Nordseite grenzt an Ontario (Kanada), der Süden an Ohio, Pennsylvania und New York (USA). Benannt wurde er nach einem Indianerstamm. In sehr langen Einstellungen zeigt der Film das Leben der Gemeinschaften rund um den See und illustriert die Migrationsbewegungen der Afroamerikaner. Die Gesten der Menschen, die Klavier spielen, Break-dancen oder fechten, haben Symbolcharakter. Das kleine Mädchen, das eine brennende Kerze beobachtet, ist ein Sinnbild für die Zeit, die vergeht, während die anderen Szenen wie Tableaux Vivants die Entstehung einer Gemeinschaft zeigen. So wird das fliessende Wasser, ähnlich wie Denken und Sein bei Parmenides, zur Parallele für den Fluss der Zeit und der Existenz. Auf ebenso kohärente wie geheimnisvolle Weise finden diese Themen zudem ihren formalen Ausdruck in den unbewegten langen Einstellungen. Dabei wird die Geschichte der USA zu einer Geschichte des Begreifens, aber auch zu einer quasi-archäologischen Beschreibung einer sozialen Klasse, die in den Nischen von Zeit und Raum ihren festen Platz gefunden hat. Erie verändert unser Verständnis vom Einfluss des Wetters, des Klimas und der Landschaft auf das Leben der Menschen mehr als alle anderen Everson-Filme. Doch wie immer hat die Realität auch hier verschiedene Ebenen. Der Film befasst sich auch mit der Krise der afroamerikanischen Arbeiterklasse nach dem Einstellungsstopp der grossen Fabriken (wie General Motors) in den frühen 80er-Jahren. Die Menschen mussten sich anderswo nach Arbeit umsehen, vorwiegend in Privatkliniken und Krankenhäusern, wodurch ihr Leben nicht einfacher wurde. So spiegeln sich die Veränderungen und Herausforderungen, die der Wandel der Umwelt für das Leben der Menschen mit sich bringt, in tiefgreifenden Transformationen der Wirtschaft, und umgekehrt. Erieist eines der ergreifendsten und überzeugendsten Filmporträts der vergangenen Jahre über das Leben in den USA.

Giona A. Nazzaro (Übersetzung BMP Translations)

Trailer

Atelier Kevin Jerome Everson

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